2023-09-20 Landesgewerkschaftstag 2023 des BTB Sachsen-Anhalt
von links: Volker Charné (Schriftführer), Carsten Sielbeck (Referent für Öffentlichkeitsarbeit), Manfred Jakobs (bisheriger Vorsitzender), Rainer Kießling (neuer Vorsitzender), Lutz Weigel (stv. Vorsitzender), Lutz Schleef (Vertreter Senioren) und Dieter Engelmann (neues Ehrenmitglied) - Foto: Cornelia Seidel
Am 20. September 2023 fand in Magdeburg der Landesgewerkschaftstag des Bundes Technischer Beamten (BTB) Sachsen-Anhalt unter dem Motto „Digitalisierung in den Fachverwaltungen, heute und morgen?“ statt. Dazu begrüßten der bisherige Landesvorstand und die 27 Delegierten aus den Landesfachgruppen Vermessung und Landentwicklung, Straßen- und Hochbau sowie Lebensmittelchemie Gäste aus der Landespolitik, der Verwaltung und den Gewerkschaften. Zudem wurde ein neuer Landesvorstand mit dem Kollegen Rainer Kießling als neuer Landesvorsitzender an der Spitze gewählt.
Den Reigen der politischen Statements eröffnete Thomas Lippmann (Die Linke): Für ihn sei es bis heute rätselhaft, warum Digitalisierung und Verwaltung nicht zusammenpassen. Eine Antwort darauf sollte er später noch bekommen.
Guido Kosmehl (FDP) räumte immerhin ein, dass die Landespolitik die Digitalisierung in der Vergangenheit verschlafen hat. Ab Beginn der aktuellen Mitverantwortung der FDP seien aber Fortschritte erkennbar. Digitalisierung sei wichtig, könne aber den Menschen nicht vollkommen ersetzen, daher seien Aus- und Fortbildung weiterhin notwendig. Er sagte seitens der FDP ferner zu, das Tarifergebnis 1 zu 1 für die Beamtenschaft übernehmen zu wollen.
Sebastian Striegel (Bündnis 90 / Die Grünen) stellte fest, dass in der Vergangenheit für die Digitalisierung nicht hinreichend in Personalressourcen investiert wurde. Man sieht das gesamte Tarifsystem nicht auf die Digitalisierung vorbereitet, obwohl auch in Zukunft Fachleute sicherlich gebraucht würden.
Vertreter von CDU und SPD (letztere wegen Krankheit entschuldigt) waren nicht erschienen.
Stefan Hörold (Präsident der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt) erläuterte, dass seine Behörde sowohl bei der Digitalisierung als auch bei der Ausschreibung entsprechender Fachkräfte sehr engagiert sei. Angesichts der bestehenden Höhe der Tariflöhne und Beamtenbesoldungen seien die Stellenausschreibungen allerdings wenig attraktiv. Er hoffe stattdessen, den Fachkräftemangel mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) abmildern zu können.
Jan Seidel (Vorsitzender des BTB BUND) stellte heraus, dass die Aufgaben der Verwaltung viel zu komplex seien, um mit einfachen politischen Botschaften erledigt werden zu können. In der jüngeren Vergangenheit mussten erst besondere Ereignisse wie Hochwasser und Corona passieren, um die Verwaltung digital voranzubringen. Die Wertschätzung, die dadurch für die Bediensteten der öffentlichen Hände entstand, sei in der Politik aber zum Teil schon wieder verlorengegangen. Die Nachwuchsgewinnung müsse in erster Linie durch Ausbildung erfolgen. Ein angemessenes Tarifergebnis bzw. Besoldungserhöhung bei den Landesbediensteten sei angesichts der Abschlüsse beim Bund und bei der Bahn unbedingt erforderlich, um langfristig gegenüber dem Bund und der Privatwirtschaft als Land konkurrenzfähig zu sein.
Uli Stock (Vorsitzender des dbb-Sachsen-Anhalt) sah ein generelles Problem mit der Infrastruktur der Verwaltung: Durch die Sparmaßnahmen der letzten Jahrzehnte bei gleichzeitig zahlreich von der Politik produzierten neuen Vorschriften habe die Verwaltung nun zu viele Aufgaben bei zu wenig Personal. Das Problem könne auch KI nicht lösen, denn wer KI wolle, müsse es mit den entsprechenden Datenmengen füttern, sprich zunächst erstmal Daten fleißig sammeln und digitalisieren. Sachsen-Anhalt müsse dahingehend nicht nur modern denken, sondern auch modern handeln. In Bezug auf die Besoldung sagte Stock, dass es nicht sein könne, dass der Dienstherr zurecht verlange, dass seine Beamten fest auf den Boden der Verfassung stehen, er selbst aber mit einer nicht angemessenen Höhe der Besoldung dagegen verstoße (und dies ständig von Gerichten bestätigt bekommt). Bei den anstehenden Verhandlungen sei neben dem Inflationsausgleich auch das Abstandsgebot der unteren Einkommen gegenüber dem Bürgergeld zwingend zu beachten.
Bernd Schlömer (Staatssekretär beim Ministerium für Infrastruktur und Digitales) verwies darauf, dass in der näheren Vergangenheit durchaus Erfolge bei der Digitalisierung erzielt worden seien und nannte als Beispiel die Auszahlung der Energiepreispauschale an Studenten, wobei Sachsen-Anhalt die digitale Antragsabwicklung maßgeblich mitentwickelt habe. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur soll insbesondere auch den ländlichen Raum stärken. Schlömer möchte die Digitalisierung und KI in erster Linie dafür nutzen, Personallücken, die durch den Altersabgang der Landesbediensteten entstehen, zu kompensieren. Diese Aussage erntete Widerspruch aus dem Plenum, welches der Auffassung war, dass Fachkräfte auch weiterhin gebraucht werden. Auf den Hinweis, die technischen Beamtenlaufbahnen durchlässiger zu gestalten und berufsbegleitende Masterabschlüsse finanziell auch zu entlohnen, zeigte sich Schlömer zwar aufgeschlossen, sah aber zugleich auch erhebliche Schwierigkeiten, die verkrusteten Strukturen im Beamtenrecht in Sachsen-Anhalt überwinden zu können.
Im Anschluss an den öffentlichen Teil des Landesgewerkschaftstages erstattete der bisherige Landesvorstand im nichtöffentlichen Teil seine Rechenschaftsberichte. Bei den anschließenden Wahlen des neuen Landesvorstandes wurde unter anderen Kollege Rainer Kießling (Landesamt für Vermessung und Geoinformation - LVermGeo) zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Der bisherige Landesvorsitzende Manfred Jakobs war altersbedingt nicht mehr angetreten und wurde entsprechend verabschiedet. Danach behandelte das Plenum zahlreiche Anträge - insbesondere aus der Landesfachgruppe Vermessung und Landentwicklung (LFG-VL). Die Anträge dienen dem neuen Landesvorstand als Aufgaben für die neue Amtszeit mit auf den Weg. So soll unter anderem erreicht werden, dass das Beihilfeverfahren digitalisiert wird, die Laufbahngruppen durchlässiger werden, das 49€ Ticket als Jobticket etabliert wird, die Ausbildung zum Vermessungstechniker im LVermGeo aufgrund von fachlichem Bedarf reaktiviert wird, im Vermessungs- und Geoinformationswesen eine Reaktivierung der Beamtenausbildung erste Laufbahngruppe zweites Einstiegsamt (ehm. mittlere Dienst) erfolgt und im LVermGeo Ausbildungszentren eingerichtet werden - viel zu tun für den neuen Landesvorstand in den nächsten 5 Jahren. Kießling betonte in seiner Ansprache als neu gewählter Vorsitzender an die Delegierten, dass er die neuen Aufgaben nicht nur gemäß den Anträgen vornehmlich aus dem Bereich der LFG-VL sondern fachübergreifend auch allgemeine Themen aus allen LFG des BTB Sachsen-Anhalt mit seinem Team abarbeiten möchte. Er beabsichtigt dazu die Gespräche mit den politischen Fraktionen und der Verwaltung insbesondere den für die LFG zuständigen Ressortspitzen (Ministerien) wieder zu aktivieren. Zudem soll die Arbeit des Landesvorstandes transparent gestaltet und mit entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden.
Abschließend wurde das langjährige Vorstandmitglied Dieter Engelmann zum Ehrenmitglied des BTB Sachsen-Anhalt gewählt.
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